Das Kunstportal der Stadtsparkasse Wuppertal

Wie alle bedeutenden Künstler schafft Hans Reichel etwas, das sich nicht mehr in die bereits bestehenden Denkraster oder Katalogschemata einordnen lässt. Die von ihm eingebrachten Sounds erwei- sen sich zu anders-, zu eigenartig, als dass man sie mit bestehenden Stilkate- gorien beschreiben könnte. Hans Reichels Klänge erweitern unsere ästhetischen Erfahrungen und stellen zugleich unsere oft stereotypen Wahrnehmungsmuster in Frage. Ist das freie Improvisationsmusik, Avant- garde-Rock, meditative Klangproduktion, originär verfremdete Trivialmusik, kühne, gleichwohl weitgehend handgemachte Techno-Vision, Innovative Pop-Musik, imaginäre Folklore, Neue Musik? Offen- sichtlich nichts dergleichen und doch von allem etwas, aber eben keine Mixtur, keine Fusion auf kleinstem gemeinsamen Nenner. In Wuppertal ansässig und mit vielen sei- ner Produktionen auf dem Plattenlabel FMP präsent, lag es – oberflächlich be- trachtet – nahe, Hans Reichel mit dem Free Jazz Wuppertaler Prägung in Verbin- dung zu bringen. Doch bereits die Solo- einspielungen des Gitarristen aus den frühen siebziger Jahren verweisen auf eine ganz andere Klangästhetik. In unzu- lässiger Verknappung ließe sich formulie- ren, dass es ihm nicht darum ging, im Prozess der Negation, der Zerstörung musikalischer Konventionen, einen neuen Ansatz zu finden. Er setzt stärker darauf, aus der eigenen Spielpraxis und aus der eigenen Phantasie zu schöpfen, Vorhandenes völlig unbefangen, beinahe naiv zu sichten und all das auf eine oft ungewöhnlich komplexe Weise miteinan- der zu verbinden, übereinander zu schichten. Freilich war und ist ihm die Praxis der Improvisation dabei stets wichtig gewesen – als Methode, um neues Material zu generieren, wie auch als Medium für den assoziativen Spielfluss des Solisten und die Zusam- menarbeit mit anderen, gleichfalls ungewöhnliche Wege beschreitenden Musikern. Hans Reichel, dessen Klänge überwie- gend dem eigenen Spielprozess entsprin- gen, verkörperte die Personalunion von Komponist bzw. Instant Composer, Im- provisator und Interpret. Bei ihm kommt den instrumentalen Techniken und dem Instrument selbst eine viel größere Be- deutung zu als bei Musikern, die Werke anderer interpretieren. Es geht bei sei- nem Spiel eben nicht um einen „neutra- len“, einen austauschbaren Klang, sondern eben gerade um das, was ihn von anderen unterscheidet. Beinahe mustergültig lässt sich im Schaffen von 84 Bert Noglik über Hans Reichel: Einge der Schallplatten Hans Reichels. Veröffentlicht von 1973 bis 2008. ... You’ve never heard a guitar sound like Hans Reichel´s. Period. Reichel is more than just a brilliant player. He has reconceptualized the instrument itself, opening up entirely new sonic possibilities. • Guitar Player magazine, USA ´89

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