change/exchange
01.09. - 28.09.2004
Sheila Graber, Sharon Melrose, Kathryn Wakeman, David G Wilkinson, Regina Friedrich-Körner, Renate Löbbecke, Nanny de Ruig, Bodo Berheide, Peter Klassen, Jörg Lange
Veränderung und Austausch - unter diesem Titel präsentiert die Wuppertaler Künstler-Gruppe "6Pack" ihre Reise zu den Kollegen von "Connect4" in Wuppertals erster Partnerstadt South Tyneside in Nordengland.
Dazu hat sie die Mitglieder von "Connect4" zu Gast nach Wuppertal geladen. So wird eine fruchtbare 'Interkulturarbeit' zweier Künstlergruppen vorgestellt, deren Selbstverständnis lautet: "Welt:Sprache:Kunst: Kunst kann eine Plattform zur weltweiten Kommunikation entwickeln, unabhängig von ökonomischen und politischen Interessen".
Die Teilnehmer zeigen eine Auswahl der Arbeiten, die, angeregt durch die persönlichen Begegnungen unterwegs entstanden.
Es ist die erste Aktion einer geplanten Serie, mit der die Gruppe "6Pack" ihre "Kunst-Kiste" als Grundlage eines intensiven Austausches vor Ort auf weitere Reisen in andere Partnerstädte schicken will. Damit setzt sie den Impuls fort, den Peter Kowald im Jahr 2000 mit seinem internationalen Projekt "Über Grenzen gehen" erfolgreich gegeben hatte. "Wird fortgesetzt."
Aus dem Katalog:
Lifting the Lid
The logo of the present exhibition is based on a painting from 1885 that hangs in the South Shields Museum and Art Gallery. John Scott’s “Wreck off the End of the South Pier” recalls the proud seafaring era of the old port of South Shields, situated at the juncture of the River Tyne and the North Sea. The Celts as well as the Romans exploited the strategic site, which in the Middle Ages became a renowned shipbuilding center and centuries later would be absorbed into the newly founded municipality of South Tyneside. Among the many innovations that originated here, the most important was the lifeboat, whose first prototype was constructed in 1790.
Scott’s dramatic composition is thus intimately linked to the particular history of a particular place, yet its metaphoric dimensions have a far broader resonance. Empire-building, the voyage of discovery, the exchange of goods and ideas: all are implied here, as are the respect for individual human existence and the faith in progress that emerged from the Enlightenment. In this context, the English word “lifeboat” has particular resonance. As does the pier referred to in the title of Scott’s painting. Reaching outward from the known and secure mainland toward the dangerous depths of the sea, the pier is a place of encounter, of arrival and departure, of commerce and – not least of all – of cultural exchange. It is thus no coincidence that the former Customs House is now a multipurpose cultural center, housing both a theater and an art gallery.
It was here that six Wuppertal artists arrived in the Spring of this year with their “Art:Box,” a crate measuring one cubic meter and containing raw materials for the first of a projected series of cross-cultural exchanges. (On arrival, the crate was ceremonially photographed standing on the pier.) As Wuppertal’s oldest sister city, South Tyneside was chosen for the inaugural exhibition, which has now led to a joint presentation by Germany’s “sixpack” group and four of their British counterparts in Wuppertal. In theory, at least, this ingenious “ART:BOX” initiative will foster exchanges with other sister cities in Israel, Slovakia, France, Poland and Nicaragua. This ambitious undertaking has its roots, in turn, in an international project developed in 2000 with the late Peter Kowald under the title “Crossing Borders.”
When Wuppertal’s first partnership agreement was drawn up in 1951, it was with the city of South Shields. South Tyneside was not incorporated until 1974 and thus observes its 30th anniversary this year, just as Wuppertal has now celebrated its 75th. Both, then, are comparatively young, “consolidated” cities – one of the few obvious similarities linking an English port on the North Sea and a landlocked former textile capital in Germany. That the old harbor of South Shields was important for the textile industry in northern England is not without relevance.
Wuppertal’s goodwill ambassadors invited their colleagues to lift the lid of their “ART:BOX” and take a look within. Among the works it contained were six portraits lining the six-sided transport crate; in his own style and medium, each artist had created a portrait of one of his colleagues, thus introducing the group to its English counterparts. What followed was a creative dialogue and a process of exchange that furthers the original intention of the Wuppertal-South Shields partnership agreement. Very much in the postwar spirit, it first took the form of a youth exchange, and in addition to the immense organizational problems of travel documents and transport, the partners were confronted by the lack of adequate housing. South Shields had been heavily damaged by German bombers, while one-third of Wuppertal’s inhabitants lived in emergency housing or bunkers. Nonetheless, the first exchanges took place in the summer of 1951. “ART:BOX” carries on that spirit of initiative and dialogue, reminding us at the same time of the remarkable ability of art and artists to cross frontiers. To lift the lid.
David Galloway
Den Deckel heben
Das Logo der jetzigen Ausstellung basiert auf einem Gemälde aus dem Jahr 1885, das im South Shields Museum hängt. John Scotts „Wreck off the End of the South Pier“ erinnert an die stolze Seefahrerära des alten Hafens von South Shields an der Mündung des Flusses Tyne in die Nordsee. Die Kelten wie auch die Römer nutzten bereits diese strategische Stelle, die im Mittelalter ein berühmtes Zentrum für Schiffbau wurde und Jahrhunderte später in der städtischen Neugründung von South Tyneside aufging. Zu den vielen Innovationen, die hier ihren Ursprung hatten, war die wichtigste das Rettungsboot, dessen Prototyp 1790 gebaut wurde.
So ist Scotts dramatische Komposition unmittelbar mit der besonderen Geschichte eines besonderen Ortes eng verbunden, darüber hinaus haben ihre metaphorischen Dimensionen eine wesentlich breitere Resonanz. Die Schaffung eines Imperiums, die Entdeckungsreise, der Austausch von Gütern und Ideen: sie alle sind hier impliziert, ebenso wie Fortschrittsglaube und Respekt für individuelle menschliche Existenz, die sich aus der Aufklärung entwickelten. In diesem Kontext hat das englische Wort „Lifeboat“ einen besonderen Stellenwert, so wie der Landesteg, der im Titel von Scotts Gemälde erwähnt wird. Vom bekannten und sicheren Festland ausgehend und in die gefährlichen Tiefen der See führend, ist die Anlegestelle ein Ort der Ankunft und Ausfahrt, der Begegnung, des Handels und – nicht zuletzt – des kulturellen Austauschs. So ist es kein Zufall, dass das ehemalige Zollhaus heute ein multifunktionales Kulturzentrum mit Theater und Kunstgalerie beherbergt.
Hier kamen sechs Wuppertaler Künstler im Frühjahr dieses Jahres mit ihrer „Kunst:Kiste“ an – eine 1m3 große Transportkiste, die den Rohstoff für die erste einer angestrebten Serie von interkulturellen Austauschen beinhaltete. (Die Ankunft der Kiste auf dem Landesteg wurde photographisch festgehalten.) Als Wuppertals älteste Partnerstadt ist South Tyneside für die erste Ausstellung gewählt worden, und dies hat nun zu einer gemeinsamen Präsentation von Deutschlands „sixpack“-Gruppe und vier ihrer britischen Kollegen in Wuppertal geführt. Der genialen Initiative „KUNST:KISTE“ sollen Austausche mit anderen Partnerstädten in Israel, der Slowakai, Frankreich, Polen und Nicaragua folgen. Das ambitionierte Vorhaben hat seine Wurzeln in einem internationalen Projekt, „Über Grenzen gehen“, das im Jahre 2000 unter Beteiligung von Peter Kowald ent-wickelt wurde.
Als Wuppertal sein erstes Parnerschafts-abkommen 1951 unterschrieb, war der Partner die Stadt South Shields. South Tyneside wurde erst 1974 gegründet und begeht in diesem Jahr sein 30. Jubiläum, während Wuppertal nun sein 75. gefeiert hat. So sind beide relativ junge „konsolidierte“ Städte – eine der wenigen offensichtlichen Ähnlichkeiten, die einen englischen Hafen an der Nordsee mit einer binnenländischen ehemaligen Textilmetropole in Deutschland verbindet. Dass der alte Hafen von South Shields für die Textilindustrie in Nordengland von Bedeutung war, ist jedoch nicht ohne Relevanz.
Wuppertals Goodwill-Botschafter luden ihre Kollegen ein, den Deckel ihrer „KUNST:KISTE“ zu heben und hinein zu schauen. Zu den Werken, die die Kiste enthielt, gehörten sechs Porträts; im eigenen Stil und Medium hatte jeder Künstler einen anderen Teilnehmer porträtiert und auf diese Weise haben sich die Besucher den englischen Kollegen vorgestellt. Es folgte ein kreativer Dialog und ein Austauschprozess, der die Absicht des ursprüng-lichen Wuppertal/South Shields-Abkommen fortführt. Ganz im Sinne der Nachkriegszeit war das ursprüngliche Ziel der Jugendaustausch, und zusätzlich zu den immensen organisatorischen Problemen mit Reisedokumenten und Transport waren die Partner mit Wohnungsmangel konfrontiert. South Shields war von deutschen Fliegern stark beschädigt worden, ein Drittel der Wuppertaler Bevöl-kerung hauste in Notquartieren oder Bunkern. Dennoch konnte der erste Austausch bereits im Sommer 1951 stattfinden. „KUNST:KISTE“ setzt diesen Geist der Initiative und des Dialogs fort und erinnert uns dabei an die erstaunliche Fähigkeit von Kunst und Künstlern, Grenzen zu überschreiten. Den Deckel zu heben.
David Galloway