Patricia Westerholz
Malerin
1966 in Landshut, Bayern geboren
lebt und arbeitet in Dresden
„In den Vertikalen und Horizontalen New Yorks (Manhattans) fand sie die Strukturen widergespiegelt, mit denen sie sich seit langem beschäftige. Das Vibrieren unter der Oberfläche der Stadt. Chaos zu Ordnung, Natur zu Mensch. Die New York-Bilder markieren einen weiteren Punkt auf dem Weg, letztendlich alles gleichwertig zu behandeln: Materie genau wie Farbe etc.."
(Michael Voets zur Ausstellung "Jahrmarkt" im Kunstraum Düsseldorf)
1966
geboren in Landshut/Bayern
1987- 1992
freie Mitarbeit bei verschiedenen restauratorischen Projekten, u.a. Vergoldungsarbeiten im Palast des Sultan von Oman
1995
Beginn des Studiums an der HfBK Dresden, Malerei/Grafik und übergreifendes, künstlerisches Arbeiten (Prof. Ulrike Grossarth)
2001
Diplomarbeit “Furchen und Molen” Sgraffito auf einem Fenster der HfBK Dresden und einem Leuchttisch
2001- 2003
Meisterschülerin bei Prof. Ulrike Grossarth und Prof. Dr. Gregor Stemmrich
1995/96 und 1996/97
Teilnahme an zwei Arbeitstreffen senegalesischer und deutscher Künstlerinnen und Künstler im Senegal mit Ausstellung im Goethe-Institut, Dakar
1998
Gründung der Projektgalerie "Pegonie - Kunst und Druck" mit U. Kampmann und A. Kempe
1999
Teilnahme an der Aktion "Subject of study" unter Leitung von Prof. Ulrike Grossarth im Rahmen der Wiener Festwochen
Ausstellungen, Projekte (Auswahl)
1999
Subject of study, Aktion unter Leitung von U. Grossarth, Wiener Festwochen
2001
Furchen und Molen, Diplomausstellung, HfBK Dresden
Insgesamtgrün, Fachklassenprojekt, Grünes Gewölbe/Albertinum, Dresden
2002
„Schrank“, Gruppenausstellung in der Galerie “Helle Zelle”, Kiel
2003
„Jahrmarkt“, Gruppenausstelung “Kunstraum Düsseldorf”
Gruppenausstellung in der Stadtgalerie Iserlohn
Stipendiatenausstellung in der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn
Ausstellung “under cover” im Kellergewölbe der Trinitatiskirchruine Dresden mit A. Kempe
2004
“unterwegs”, Blitzgalerie Dresden
Spiegelung, Projektausstellung Dornblüthstraße, Dresden
2006
„ahorn oder ulme“, Galerie Adlergasse, Dresden
„ribbon“, Kunstprojekt im öffentlichen Raum, Prager Straße, Dresden
2007
"11 trees“, Kunstprojekt im öffentlichen Rau, Altenburg, Thüringen
Projektförderung des Freistaates Sachsen für den Katalog „ribbon“
2008
Projektförderung der Landeshauptstadt Dresden für das Gemeinschaftsprojekt „Kinderatelier“ mit Andreas Kempe
Stipendien und Preise
1996
1. Preisträgerin des Wettbewerbs "Siemens fördert junge Kunst", München
1996 - 2002
Stipendiatin der Friedrich-Ebert-Stiftung
1995/96/97
Studienaufenthalte im Senegal mit Ausstellungen im Goethe-Institut, Dakar
1999
Stipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung für einen zehnwöchigen Studienaufenthalt in New York
Oliver Zybok
Patricia Westerholz – Im Augenblick
In der Kunst von Patricia Westerholz trifft die Architektur des Ausstellungsraumes mit der minimalistischen Geometrie und dem Zufallsprinzip des organischen Lebens zusammen.
Die Künstlerin ist eine Poetin der Desintegration und der Rekomposition.
In der Natur bilden diese Prozesse, sobald sie einmal begonnen haben, eine endlose Kette, weil die Zirkulation der Materie kein Ende kennt.
Westerholz bringt dieses natürliche Geschehen zum Stillstand, indem sie dessen Elemente in Kunstwerke integriert.
So verwandeln sich zum Beispiel die Arbeiten "Furchen und Molen"’ und "Leuchttisch", die erstmals 2001 im Raum 201 an der HfBK Dresden gezeigt wurden, in eine intermediale Installation mit vielfältigen Materialien.
Hier spielte Westerholz mit Lichteinflüssen, einmal mit den artifiziellen des Leuchttisches, zum anderen mit den natürlichen, die durch die Bearbeitung des Fensterglases variierten.
„Farbigkeit entsteht auf dem Leuchttisch durch Farbfolien,“ so Westerholz, „bei der Fensterarbeit durch das, was real hinter dem Fenster vorhanden ist: im unteren Bereich das Grün der Elbwiesen und im oberen Teil die verschiedenen Blautöne des Himmels.
Durch das starke Gegenlicht tauchen diese Farben ebenso wie die einzelnen Graustufen erst nach der Gewöhnung der Augen des Betrachters an die Lichtsituation auf (nach ca. zwei Minuten).“
Insgesamt fällt auf, dass alle Werke von Westerholz eine starke stoffliche Präsenz aufweisen, die auf unterschiedliche Weise erzeugt wird: bei den Leuchttischarbeiten zum Beispiel durch das Stapeln und Schichten von unterschiedlichen Materialien, beim Fenster durch das Bemalen und Freischaben von Farbe auf dem lichtdurchlässigen Träger.
Durch diese Methoden scheinen die Arbeiten im Augenblick zu verharren.
Diese Tatsache deutet auf eine Momentaufnahme, auf das, was im Moment geschieht und sich dem Augen-Blick als das Momentane zu offenbaren scheint.
Doch der Ausdruck „Momentaufnahme“ bleibt im Zusammenhang künstlerischer Entwicklungsprozesse seltsam fremd.
Das Wort „Moment“ deutet, anders als der „Augenblick“, zu allererst auf einen nur kurzen Zeitschnitt.
Im „Augenblick“ wird die Wahrnehmung zum Maß der Zeit.
Wie kurz er auch sein mag, der in seinem Wert erkannte Augenblick hat die Kraft zur Dauer, im Schöpfungsprozess selbst wie in der Erkenntnis des Geschaffenen.
So weisen die Arbeiten von Westerholz über ihre Bedeutung als eine „Momentaufnahme“ weit hinaus.
Allein „Gedankenlosigkeit“, hatte Johann Wolfgang von Goethe in den ‚Maximen und Reflexionen’ (Weimar 1807) dereinst notiert, lasse uns den „Wert des Augenblicks verkennen“. Und an anderer Stelle schrieb er: „Das Wunder ist des Augenblicks Geschöpf.“
Vorausgesetzt, dass man dem Wunder eine Chance einräumt.
Westerholz’ Werke sind auf den „Augenblick“ fixiert. Bei der Installation ‚Spiegelung’ (2004) beziehen sich zwei Fenster mit zwei ihnen zugeordneten Leuchtkästen auf zwei kleine Gemälde auf der gegenüberliegenden Wand, die mit einer Acrylfolie überzogen sind.
Je nach Sonnenstand zeichnen sich Schatten zum Beispiel von Ästen, eines draußen vor dem Fenster befindlichen Baumes gespiegelt auf der Folie der Malerei ab.
Je nach Wetterlage variieren diese Schatten von einem Augenblick zum nächsten. Das auf die gegenüberliegende Wand gerichtete Licht der mit Transparentpapier, Stoff und Acrylfarbe bearbeiteten Leuchtkästen betont diesen stetigen Wandel.
Zusätzlich ergeben sich durch die zahlreichen Betrachtungsstandpunkte im Raum vielfältige Wahrnehmungsmöglichkeiten.
Westerholz beschäftigt sich in diesem Zusammenhang mit der Frage der Identität, sowohl der einzelnen Personen und ihres Bewusstseins als auch der Dinge, Handlungen und Symbole. Daher dreht sich ihr künstlerisches Schaffen vor allem um die Begriffe des Musters, die den Handlungsweisen, Assoziationen und Sinnverknüpfungen zugrunde liegen.
In ihren frühen, Ende der 1990er Jahre entstandenen zeichenhaften Arbeiten und skulpturalen Objekten kristallisieren sich bereits diejenigen Motivgruppen heraus, die sich durch ihre weitere künstlerische Auseinandersetzung ziehen.
Es ist der Aspekt des Intermedialen, der das bisherige Œuvre der Künstlerin prägt. Auch ihre Papierarbeiten, wie die Serie ‚unterwegs’ (2004), verdeutlichen diesen Ansatz.
Sie sind in einer Mischtechnik ausgeführt, bestehend aus den Materialien Stickgarn, Tusche, Acryl, Graphit, Buntstift und Glasmalfarbe. Patricia Westerholz zeigt, dass in der Gegenwartskunst das kategorische Denken im Hinblick auf mediale Eingrenzungen und Materialauswahl weitestgehend überwunden ist.
Diese zeichnet sich durch intermediale Eigenschaften aus und offenbart sich nicht mehr als Feld zwingender Alternativ-Entscheidungen, die dogmatische Bekenntnisse abverlangen.
Gegenwartskunst präsentiert sich heute in einer Medienvielfalt, aus deren historischem Fundus vorurteilsfrei geschöpft werden darf, unabhängig ob es sich dabei um Material, Technik, Motiv, Stil, Inhalt, Form oder Medienüberschreitung handelt.